Gedanken nach 31 Jahren Torballkarriere und einem Jahrzehnt „Behindertensport macht Schule“
Im letzten Jahr feierte die Initiative „Behindertensport macht Schule“ ihr zehnjähriges Jubiläum. Zehn Jahre lang war ich oft und gerne als Referentin dieser wertvollen Aktion des Badischen Behinderten- und Rehabilitationssportverbands e.V. (BBS) aktiv.
Mehrmals im Jahr waren wir in Schulen „auf Tour“, um den Kindern im Sportunterricht Einblicke in Sport und Leben von behinderten Menschen zu eröffnen und ihnen Spaß und Bewegung zu bieten. In diesem unbeschwerten Rahmen wollten wir mit verschiedenen Behindertensportarten die größtenteils neugierigen Kinder Dinge entdecken lassen, mit denen die meisten sonst nie in Berührung kämen. 2010 war ich Teil des Auftakts der Aktion in Sinzheim-Kartung bei Baden-Baden.
Es war erfrischend, den Kindern zu begegnen und ihnen meinen Lieblingssport Torball vorzustellen. Dabei konnte ich sie mit Dunkelbrillen und Vertrauensübungen auch ein wenig an das Leben ganz ohne Sehen heranführen. “Sehende” Spieler fügen sich hier komplett in das Regelwerk einer Sportart ein, welche von “nichtsehenden” Sportlern betrieben wird.
Angesichts des Jubiläums zog BBS-Geschäftsführer Michael Eisele eine erfreute Bilanz: insgesamt hatten 650 Klassen in 210 Schulen aller Art an der Aktion teilgenommen. So wurden über 17.000 Schülerinnen und Schüler und deren Lehrkräfte über Sportarten wie Rollstuhlrugby, Blindentorball, Blindenbiathlon, Schwimmen oder Rollstuhlbasketball sensibilisiert. Wir zwölf Referenten und elf Begleitpersonen legten dabei insgesamt fast 40.000 badische Kilometer zurück.
Die Aktion „Behindertensport macht Schule“ wurde damals auf Grundlage einer Anregung meines Mannes, selbst Lehrer und Mitglied im Präsidium des BBS, ins Leben gerufen und anfangs von ihm begleitet. Seit 2012 unterstützt das baden-württembergische Kultusministerium die Initiative.
Nach einem Jahrzehnt der aufregenden und erfolgreichen Arbeit stieg ich 2020 schweren Herzens aus der Initiative aus und beendete auch meine aktive Karriere im Torball.
Ich selbst spielte seit meiner Schulzeit Torball. In den 90ern war meine Mannschaft mehrfach österreichischer Meister der Frauen. Wir belegten bei internationalen Wettbewerben Podiumsplätze und gewannen 1996 den Weltcup. Anschließend wechselte ich in die Männermannschaft des Polizeisportvereins Karlsruhe. Wir traten mit zwei anderen badischen Vereinen als SG Baden gemeinsam an Turnieren an. Von 2004 bis 2013 qualifizierten wir uns durchweg für die Deutschen Meisterschaften, errangen einmal den Titel und mehrmals Podiumsplätze.
Unterbrochen wurde meine Karriere für jeweils rund anderthalb Jahre von meinen beiden Schwangerschaften und der anschließenden Elternzeit. Anfang 2020 stiegen wir in meinem letzten Turnier mit der Männermannschaft der TSG Unterliederbach noch in die 1. Bundesliga auf. Seit 2014 spielte ich außerdem bei den Frauen; gemeinsam holten wir mehrere Titel bei den Deutschen Meisterschaften und den Deutschlandpokal der Frauen. Während meiner Laufbahn gewann ich mehrfach Torschützenpokale.
Nach der Saison 2019/20 beendete ich nach 31 Jahren meine Karriere im Vereinstorball und mein Mitwirken als Referentin bei „Behindertensport macht Schule“, um mich vollumfänglich auf meine beruflichen Aktivitäten zu konzentrieren. Vielleicht ergibt sich in Zukunft ein weiteres gesellschaftliches Engagement. In der Zwischenzeit werbe ich wann immer möglich bei Veranstaltungen für den Blindentorball.
Nach wie vor bin ich stellvertretende Vorsitzende in der Abteilung Torball des Deutschen Behindertensportverbands e.V. und Mitglied im Aufsichtsrat des Polizeisportverein Karlsruhe e.V. Und 2019 war ich Teil der Organisation des Benefiz-Auftritts der Torballnationalmannschaft gegen die Handball All-Stars um Henning Fritz in Karlsdorf-Neuthard.
Zudem biete ich seit Beginn der Corona-Pandemie und auch weiterhin pro Bono Entlastungsgespräche an, um in diesen ungewöhnlichen Zeiten mit Menschen neue Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten zu erarbeiten.
Termine können Sie bei Bedarf auf meiner Reservierungsseite kostenlos buchen.
Was ist Torball?
Torball ist eine der am häufigsten gespielten Teamsportarten für Blinde und Sehbehinderte. Mithilfe einer lichtundurchlässigen, sogenannten “Dunkelbrille”, wird allen Spielern der Sehrest genommen. “Sehende” Spieler müssen sich also komplett in das Regelwerk einer Sportart einfügen, die von “nichtsehenden” Sportlern betrieben wird. Somit nehmen alle Spieler das Angriffsspiel der gegnerischen Mannschaft sowie die Bewegungen und akustischen Absprachen im eigenen Team ausschließlich über das Gehör wahr.
Der Ball ist etwa so groß wie ein Fußball. Kleine Metallringe im Inneren sorgen dafür, dass die Spieler seine Bewegungen akustisch verfolgen können.
Pro Mannschaft befinden sich drei Spieler im Spielfeld, wobei die gesamte Grundlinie gleichzeitig die Torlinie ist. Die Spieler bewegen sich ausschließlich im eigenen Mannschaftsraum. Zwischen den Mannschaftsräumen befindet sich eine neutrale Zone, die in einer Höhe von 40cm von drei mit Glöckchen behangenen Leinen durchzogen ist. Diese dürfen diese weder von den Spielern noch vom Ball berührt werden.
Ziel des Spiels ist, den Ball unter den Leinen hindurch an der gegnerischen Abwehr vorbei ins Tor zu werfen. Die reine Spielzeit beträgt 2×5 Minuten, mit einer Halbzeitpause von 10 Minuten. Das hört sich wenig an, allerdings werden pro Turniertag bis zu zehn Spiele gespielt.
In Deutschland organisiert sich die „Abteilung Torball“ unter dem Dach des Deutschen Behindertensportverband (DBS). Im Damen- und Herrentorball werden jährlich Deutsche Meisterschaften ausgetragen und im Herrentorball existiert ein Ligasystem. Bisher fanden unter dem globalen Dachverband, der „International Blind Sports Federation“ (IBSA), Europa- und Weltcups sowie die Europa- und Weltmeisterschaften statt. Aktuell ist das leider nicht mehr der Fall.
Quelle: „Torball – die Grundlagen“. Zu finden unter https://www.blindentorball.de/torball/was-ist-torball-eigentlich-2/was-ist-torball-eigentlich/
Erstveröffentlichung und Copyright (c) 2021, Astrid Weidner.
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