Erstgespräch

Blogserie „Müssen“ 4/4: „Ich muss“ hinter sich lassen

Wie Sie Ihre Herausforderungen selbstbestimmt anpacken

In mehreren Beiträgen haben Sie bereits gelernt, wo müssen überall auftaucht und wie es seine destruktive Wirkung entfaltet. Heute geht es darum, wie Sie ich muss hinter sich lassen. *

Der erste Schritt ist die Bewusstseinsbildung. Hören Sie sich selbst und den Menschen um Sie herum aufmerksam zu. Entdecken Sie ein ich muss, spüren Sie der Wirkung nach.[1]

Im zweiten Schritt beginnen Sie selbst, auf ich muss zu verzichten. Hier bestehen zwei Möglichkeiten. Bei Handlungen des Augenblicks lassen Sie muss weg und ziehen das Verb nach vorne. Aus „Ich muss zum Meeting gehen“ wird „Ich gehe (jetzt) zum Meeting“.

Bei zukünftigen Handlungen ist der Wandel noch leichter. Hier ersetzen Sie ich muss durch ich werde. „Ich muss heute Nachmittag zu einem Vertriebsmeeting und danach muss ich mit Herrn Müller aus dem Controlling sprechen.“ wird zu „Ich werde heute Nachmittag an einem Vertriebsmeeting teilnehmen und danach werde ich mit Herrn Müller aus dem Controlling sprechen.“

Beachten Sie, dass durch die Verwendung von ich muss häufig ein Verb im Satz fehlt. Durch den Ersatz mit ich werde wird das deutlich. Sie sagen nun eindeutig, dass Sie am Vertriebsmeeting teilnehmen werden.

Widerstehen Sie auch der Versuchung, ich muss durch andere Modalverben zu ersetzen. Manche verwenden dann kämpferische Sätze wie „Ich will abnehmen“ oder verwirrende Ausdrucksweisen wie „Ich darf jetzt gehen“. Das sind klassische Formen der Verschlimmbesserung.

Eine wichtige Anmerkung: Dieser Beitrag befasst sich mit dem Gebrauch von müssen in der Form „ich muss“. Andere Formen wie „Das muss sein“ oder „Du musst…“ bedürfen einer anderen Umformung und finden ihre Behandlung in einem späteren Beitrag.

Der Wandel von ich muss ändert nichts am faktischen Leben. Ein Leben ohne ich muss lebt sich dennoch anders. Ein Leben ohne ich muss ermöglicht Ihnen Selbstbestimmung und ein beschwingtes Anpacken Ihrer Herausforderungen. Fangen Sie damit an und erproben Sie die wohltuende Wirkung.

Seien Sie gnädig mit sich selbst, wenn Sie Ihre Sprechgewohnheiten entdecken und wandeln! Bemerken Sie ich muss, verzichten Sie auf Vorwürfe. Nehmen Sie das Ganze mit Humor und gewinnen Sie Freiheit mit Ihren erweiterten sprachlichen Spielräumen ohne müssen.

Lassen Sie die gesprochene Sprache wie Musik in Ihren Ohren klingen.

 

[1] Vgl. von Scheurl-Defersdorf, Mechthild R.: In der Sprache liegt die Kraft! Klar reden, besser leben, Freiburg: Herder, 2011, S. 103ff.

 

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