Erstgespräch

Blogserie „man“ 6/6: Der Weg von „man“ zu Ross und Reiter

Nachdem Sie nun vieles über „man“ wissen, zeige ich Ihnen heute einige Tipps, wie Sie man wandeln und mehr Klarheit in Ihre Sprache bringen können. Wie bei vielen anderen Gewohnheiten ist es auch hier: Die meisten man-Sager wissen nichts von ihrem Sprachgebrauch. Sie haben mit den Folgen ihre Mühe und Not, kennen jedoch den Auslöser nicht.

Der erste Schritt ist die Bewusstseinsbildung. Es ist erstaunlich, wann und wo „man“ dieses kleine und so bedeutsame Wörtchen sagt.

Zentral ist bei der Verwendung von man die Frage nach den tatsächlich handelnden Personen. Sobald Sprechern das bewusst ist, wird die indirekte Aufforderung „Man muss noch den Müll leeren“ anders klingen: „Thomas, der Mülleimer in der Küche ist voll. Leer‘ ihn bitte.“

Auch wird ein empörter Mitarbeiter für „Das hat man mir nicht gesagt.“ eine andere Formulierung wählen. Diese könnte folgendermaßen klingen: „Das habe ich nicht gewusst. Bitte teilt mir in Zukunft solche Dinge rechtzeitig mit.“ Wie anders ist die Wirkung. Indem wir man wandeln, wandelt sich unsere Sprechweise und daraus folgend auch unser Denken.

Der falsche Gebrauch von man bedeutet auch eine Form von Kompetenz- und Identitätsverlust. Der schwammige Satz: „Bei uns macht man das so.“, bekommt durch das Benennen der zuständigen Personen ein neues Gesicht. Eine Führungskraft sagt dann beispielsweise: „Wir haben dafür die folgende Regelung vereinbart. Bitte halten Sie sich auch daran.“

Man verhindert zudem, dass wir unsere Empfindungen ausdrücken und jene anderer wahrnehmen. Aus der verallgemeinernd positiven Formulierung „Nach einem Besuch beim Friseur fühlt man sich herrlich“ kann sich die folgende Aussage entwickeln: „Ich komme gerade vom Friseur. Ich fühle mich herrlich.“ So bleiben Sprecher bei sich und im konkreten Ereignis. Sie übermitteln den Zuhörern ihre wirklichen Emotionen. Freude und Trauer lassen sich so anderen mitteilen und mit ihnen teilen.

Indem wir man durch konkrete Personen oder klar definierte Personengruppen ersetzen, holen wir unsere Gefühle und Bedürfnisse in unser Leben. Wir finden Hilfe in schwierigen Augenblicken und können unser Mitwirken freundlich und souverän anbieten.

Am leichtesten lässt sich man in einem ersten Schritt im Mailverkehr wandeln. Achten Sie dabei auf die handelnden Personen. Sobald Sie darüber Klarheit haben, ist es einfach, sie zu benennen.[1]

Gebrauchen Sie das Wort man sparsam. Holen Sie mit der Benennung von Ross und Reiter Klarheit und Lebendigkeit in Ihr Leben.

Seien Sie gnädig mit sich selbst, wenn Sie Ihre Sprechgewohnheiten entdecken und wandeln! Bemerken Sie man, verzichten Sie auf Vorwürfe. Nehmen Sie das Ganze mit Humor und gewinnen Sie Freiheit mit Ihren erweiterten sprachlichen Spielräumen.

 

Lassen Sie die gesprochene Sprache wie Musik in Ihren Ohren klingen.

 

 

[1] Vgl. von Scheurl-Defersdorf, Mechthild R.: In der Sprache liegt die Kraft – sich selbst und andere führen. Hörbuch bestehend aus 2 CDs. Erlangen: LINGVA ETERNA Verlag GmbH. CD 1, Kapitel 6.

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